Es ist der letzte Abend in Mwanza. Morgen fahren wir nach Rulenge. Allerdings nicht mit Father Didas, wie ursprünglich geplant, sondern mit Nathalie, einer Entwicklungshelferin aus dem deutschsprachigen Belgien. Mindestens 6 Stunden Fahrt liegen vor uns, das Auto ist schwer beladen mit irgendwelchen Dingen für irgendwelche Tansanier. Wir werden zwischendurch wohl noch mehrmals Halt machen. Mein Fahrrad passt selbstverständlich nicht ins Auto, das wird jetzt irgendwie mit dem Bus und dann... aber schreiben wir nicht davon, irgendwie wird es schon ankommen. Wo wir dann wohnen werden? Hachja, auch davon schreiben wir jetzt lieber nichts, es ist alles so herrlich unorganisiert. Aber wir bekommen schon was, immer schön „polepole“! Die Nathalie haben wir heute schon mal kennen gelernt und der erste Eindruck ist ganz gut, ich freu mich richtig auf die Fahrt morgen. Ich bin absolut überzeugt, dass wir einen Platten haben werden und auch darüber würde ich mich fast freuen. Nathalie wird dann auch erstmal in Rulenge bleiben, ihre Lage ist ein bisschen komisch im Moment, sie möchte gerne arbeiten, hat aber keine richtige Arbeit. Da ist wohl organisatorisch einiges schief gelaufen. Mal schaun wie das weitergeht. Marcus bleibt bis Sonntag auch noch in Rulenge, wir wohnen zu dritt in einem Haus. Dann fährt er weiter nach Ngara.
Die letzten Tage haben wir von vielem erst einmal Abschied genommen. Am Montag hatten wir unsere letzte Stunde Unterricht in Kisuaheli bei unserm tollen Lehrer Hezron, der sich wirklich Mühe gegeben hat und viel Geduld mit uns hatte. Wenn ihr also auch einmal diese Sprache lernen wollt, wir können ihn nur weiter empfehlen. Wir haben dann noch ein paar Abschiedsfotos gemacht und er hat uns seine Nummer gegeben. Wir sollen ihn dann anrufen wenn wir irgendeine Frage haben. Von solch engagierten Lehrern sollte es auch mehr in Deutschland geben...
Gestern haben wir uns noch einen netten Abend mit Roland, Herta, Claudia und noch ein paar andern netten Menschen gemacht. Claudia wohnt seit ein paar Tagen auch hier bei uns mit Mama Kilala, sie bleibt sogar für ganze drei Jahre in Tansania. Ich merke immer häufiger was für ein kleiner Fisch ich hier bin. Viele arbeiten gleich für mehrere Jahre, aber die Herta übertrifft uns alle: Sie lebt mittlerweile schon 41 Jahre hier... Der Abend war sehr schön, wir haben gegessen und miteinander geplaudert über Gott und die Welt. Mir fallen spontan die Worte „Kaiserschnitt“ und „Heidi“ ein. Jaja, über was man in Afrika so redet... Aber das ist doch wunderbar, die Gesprächsthemen gehen hier einem nie aus!
Vor ein paar Tagen sind wir zusammen mit der Herta über den Victoriasee gefahren und das war für mich ein absolutes Highlight. Durch Herta haben wir Ehrenplätze ganz oben auf der Fähre bekommen und hatten eine super Aussicht. Das war einer dieser Momente von purem Glück. Ich kann nicht wirklich beschreiben was ich gefühlt habe, aber es fühlte sich verdammt gut an... Dieser Moment hätte gerne ewig weitergehen können, aber leider war die Überfahrt nach einer halben Stunde schon vorüber...
Auf der anderen Seite angekommen hat uns Herta noch einen Einblick gegeben wie wir in Rulenge bzw. Ngara leben werden. Wir haben ein Dorf besucht und wenn ich Dorf schreibe, dann stimmt das auch. Überhaupt nicht zu vergleichen mit Mwanza, dieser Großstadt. Das wird dann ab morgen wirklich ganz anders werden, ein bisschen nervös bin ich schon. In Rulenge wird man dann fast jede Person mit Namen kennen.
Danach gings dann wieder mit der Fähre zurück und ich hatte wieder dieses Gefühl von purem Glück... natürlich wieder nur für eine halbe Stunde. Der Victoriasee ist unfassbar schön und jeder Mensch sollte ihn einmal im Leben gesehen haben, diese These stell ich jetzt und hier einfach mal auf!
Was werd ich hier in Mwanza vermissen? Definitiv die philosophischen Gespräche mit Mama Kilala. An sie werd ich mich denk ich mein ganzes Leben erinnern, sie ist eine total liebenswerte und interessante Person. Ich stimme ihr nicht in allen Weltansichten zu, aber es ist spannend mit ihr zu diskutieren oder ihr einfach nur zuzuhören, wenn sie von ihrem Leben erzählt. Marcus und ich wollten sie immer überreden, dass sie ein Buch schreibt, aber sie möchte leider nicht.
Vermissen werd ich auch diese Kindermusik, von der ich gerade in den ersten Tagen morgens immer geweckt wurde. Es sind wirklich Kinderlieder, die für den Kindergarten bestimmt sind, aber ich fands einfach schön von dieser Musik geweckt zu werden. Ich durfte mir eine dieser CDs überspielen. Die Musik werd ich mir dann anhören, wenns mir mal richtig schlecht geht. Und diese Zeiten werden auch noch kommen, da mach ich mir gar nichts vor. Im Moment ist alles wunderbar, aber das geht mir bestimmt nicht das ganze Jahr so...
Da fällt mir gerade die einzig negativ Erfahrung ein, die ich bis jetzt gemacht habe und auch von dieser möchte ich kurz schreiben, denn es darf ja nicht immer alles nur Friede, Freude, Eierkuchen sein, das nimmt mir ja doch keiner ab! Vor ein paar Tagen hatten wir beim Abendessen ein Gespräch mit einem Tansanier in unserm Alter, der zur Zeit noch in eine Secondary School geht. Ich kann es nicht anders ausdrücken, ich fand ihn ziemlich unsympathisch und vor allem arrogant. Er hatte vollkommen falsche Vorstellungen von Deutschland und dachte z.B., dass ein Studium in Deutschland doch mal so nebenbei zu machen und total einfach sei. Er war die ganze Zeit ziemlich herablassend zu uns und man merkte, dass er sich für etwas besseres hielt. Er wollte uns einfach nicht glauben, dass Prüfungen in Deutschland noch mit Stift und Papier geschehen und nicht per Internet. Hier ist mir wieder klar geworden, wie falsch die Vorstellungen vieler Afrikaner sind, aber irgendwie kann man es ihnen auch nicht übel nehmen. Sie kennen Deutschland nur aus Erzählungen. Anders herum ist es doch genauso: Ich kann von mir jetzt schon behaupten, dass ich vollkommen falsche Vorstellungen von Afrika hatte. Man muss da gewesen sein, um ein Land beurteilen zu können. Viele Europäer denken glaub ich ziemlich klischeehaft und mit vielen Vorurteilen von Afrika...
Dieses Gespräch hat mich echt nachdenklich gemacht und deprimiert, der Abend war danach für mich gelaufen...
Doch noch mal zurück. Vermissen werde ich auch unseren „Homie“, der mir das Tansania-Armband verkauft hat und uns immer in der Stadt mit Handshake gegrüßt hat.
Den Sonnenuntergang werde ich vermissen, den erlebt man zwar überall auf der Welt, aber besonders schön fand ich ihn auf dem Dach vom ehemaligen Cafe von Herta, das sie uns einmal gezeigt hat. Hier hatte man den Blick auf den Victoriasee und es war definitiv Postkarten-Niveau!
Den Victoriasee werde ich natürlich auch vermissen, da muss ich unbedingt noch einmal hin. Überhaupt werden wir hoffentlich viel reisen, Sansibar muss auf jeden Fall sein.
Gut, das war mein letzter Blog aus Mwanza, der nächste kommt dann aus Rulenge. Wenn dort das Internet funktioniert, das wird noch spannend. Es wird auf jeden Fall langsam sein. Noch langsamer als es hier schon ist, das wird herrlich. Letztens ist mein Stromkabel von Computer kaputt gegangen und es war gar nicht so einfach ein neues zu bekommen. Teuer war es auch noch für tansanische Verhältnisse, 30.000 Schillinge hab ich bezahlt. Aber was solls, so ganz ohne Internet geht’s dann doch nicht, schließlich muss ich auch diesen Blog hier schreiben. Wenn ihn denn jemand liest. Ich sehe schon einige Besucher, aber leider sehr wenige Kommentare. Ich schreib hier ganze Romane und von euch kommt nichts – das geht doch nicht. :-)
Wir trinken jetzt unsere letzte Molle in Mwanza. Dann machts mal gut. Lebt euer Leben!
Motto des Tages: Peter kriegt neue Treter!
(geschrieben und ins Blog gestellt am 2. September 2009)
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Victoriasee!!
AntwortenLöschenFahrrad? (Foto)
"herrlich unorganisiert"- herrlich ;-)
Glück auf!
Wünsche jute Fahrt ;) Großartiger Bericht!
AntwortenLöschenHerzlichen Gruß aus der schönen Fränkischen! Allet jute!